Interview:1992-Zillo 5/92

Many thanks to Petr of thecure.cz for the scans.

“Diejenigen, die uns als Faschisten deklarieren, haben von Death In June keine Ahnung. Sie suchen nach einer Schublade, in die sie uns stecken können, und nehmen die, die sich am schnellsten findet.” – Douglas P.


1992 feiert Death In June elfjähriges Bestehen. Trotz wechselnden Personals und zeitweiliger Verachtung durch Presseorgane besteht das Projekt fort.
Gekrönt werden soll dieses Jubiläum durch das neue Werk “But What Ends When The Symbols Shatter”, welches gerade von Douglas P., dem einzig verbliebenen Gründungsmitglied der Band, eingespielt wird. In London hatten wir die Gelegenheit, mit dem Kopf von Death In June über die Gerüchte bezüglich seiner Person, aber auch über wichtigere Dinge zu sprechen! (siehe nâchste Seite)


Zillo: Nach fast elf Jahren Death In lune welche positiven Höhepunkte fallen dir spontan ein?


DIJ: Die ganzen elf Jahre waren ein Höhepunkt, wenn das das richtige Wort ist. Ich freue mich einfach, dass es solange gehalten hat, dass ich in meinem totalen Glauben an das Projekt bestätigt wurde. Vieles sprach gegen eine Fortdauer Death In lunes, wie Missachtung durch Presseorgane, aber auch eine fehlende Enthüllung und Darstellung unsererseits. Inzwischen hat die Idee eine eigene Lebenskraft angenommen.


Zillo: Wie hast du deinen Stil entwickelt, bei dem du oftmals lediglich die akustische Gitarre und den Gesang hervorhebst?


DIJ: Vor DIJ waren Tony Wakeford und ich in einer Punkband namens “Crisis”. Als wir 1980 aufhörten, wussten wir, dass es Möglichkeiten zu Neuerem und Grösserem gab. Mit dem Zugang von Patrick Leagas war die Formation perfekt. Alle Gründungsmitglieder stimmten in der Auffassung überein, dass Death In June nicht irgendeine Band sein sollte – so eine hatten Tony und ich ja gerade hinter uns gelassen! Deshalb experimentierten wir bereits auf der ersten LP “The Guilty Have No Pride” mit akustischen Gitarren und Bässen. lm Laufe der Jahre habe ich dann noch Musiker wie David Tibet und Boyd Rice kennengelernt, die mir in der Idee beipflichten, dass weniger mehr sein kann, um eine Thematik in seiner pursten Form auszudrücken und den grösstmöglichen Effekt zu erzielen.


Zillo: Würdest du dich aus Perfektionisten bezeichnen?


DIJ: Ja! lch fühle mich unheimlich schlecht, sobald etwas nicht so klappt, wie ich mir das vorstelle. Deswegen spiele ich auch nur selten live, da die Bühne viel Platz für Imperfektionismus bietet. Natürlich kann ein gewisses Mass an Imperfektionismus auch attraktiv sein. Die Perser bauen in ihre Teppichmuster absichtlich Fehler ein, da nur Gott in der Lage ist, etwas Perfektes zu erschaffen. und sie ihn nicht beleidigen wollen.


Zillo: Geniesst du die Situation, dass kaum jemand in der Lage ist, deine Arbeit zu kategorisieren, geschweige denn, deine provokative Symbolik zu interpretieren?

DIJ: Natürlich, denn sobald man dich in eine Schublade stecken kann, ist das meist dein Ende. Das ist sicherlich auch ein Grund, warum Death In June schon so lange gehalten hat. Man hört vicie Gerüchte, Lügen und Unsinn. Alles, was die Leute, die Geschichten verbreiten, bewirken, ist es, mir und meiner Arbeit neue Lebenskraft zu geben. Gerüchte, aber auch Komplimente oder Kritik bedeuten mir eh’ nicht viel, da ich immer gemäss meiner Natur handle. Ich folge nur meinem Herzen, meinem Instinkt. Sowieso ist die äussere Präsentation Death In Junes eher nebensächlich im Ver-gleich zu dem, was das Projekt sonst noch zu bieten hat!

Zillo: Der frühere SS-Totenkopf dient Death In June als Symbol. Ferner kleidest du dich bei Auftritten in alten österreichischen uniformen. Daher glauben viele, in dir einen Faschisten entdeckt zu haben. Kritisierst du indirekt diejenigen, die dich nach deiner äusseren Erscheinung beurteilen?

DIJ: Tatsächlich wundere ich mich oftmals darüber, wie schnell Leute aufspringen und aus einer “ich bin mehr wert als Du”-Position heraus mit Steinen um sich schmeissen. Ich hasse Sie! Du beurteilst doch kein Buch nach dem Umschlag. Für mich sind solche Leute nicht besser als Rassisten oder Sexi-sten. Was war also am Faschismus so falsch? Wahrscheinlich hätte man sich aller entledigen sollen. lmmerhin machen diese Leute wohl 93 % der Bevölkerung aus. Der Totenkopf symbolisiert für mich den totalen Glauben und die absolute Hingabe an mein Projekt. Für mich gilt nur alles oder nichts. Ich habe keine Zeit für schlechte Arbeit oder halbherzige Musiker. Die Uniformen – sie sind einfach schön und nebenbei stellen sie eine direkte Verbindung zu dem Stück “Hidden Amongst The Leaves” her, nämlich die der Tarnung. Diejenigen, die solche Äusserlichkeiten dazu missbrauchen wollen, uns als Faschisten zu deklarieren, haben von Death In June einfach keine Ahnung. Sie suchen nach einer Schublade, in die sie uns stecken können, und nehmen die, die sich am schnellsten finden lässt.

Zillo: Solche Vorwürfe kommen ja oft aus Deutschland. Hat es vielleicht etwas damit zu tun, wie die Deutschen mit ihrer Vergangenheit umgehen?

DIJ: Seien wir ehrlich, Deutschland hat in kürzester Zeit fantastische Veränderungen erlebt und natürlich müssen einige Themen vorsichtig angefasst werden, weil immer noch Menschen herumlaufen, die etwas zu verantworten haben. Viele Ereignisse liegen nicht einmal fünfzig Jahre zurück.

Zillo: Auf der LP “Brown Book” findet man eine Neuvertonung des SA-Liedes von Horst Wessel. Weiterhin benutzt du auf Mail-Order-Listen den Namen “D. Rôhm” und schliesslich ist auf der DIJ-Liveaufnahme “Night And Fog” der ehemalige Stabschef der SA, Ernst Röhm abgebildet. Sym-pathisierst du mit irgendwelchen Idealen, die die SA bis zum Sturz ihrer Hauptfiguren im Juni 1934 vertrat?

DIJ: Anfang der 80er waren Tony und ich sehr engagiert in linksradikaler Politik und nebenbei Geschichtsstudenten. Auf der Suche nach einer zukünftigen politischen Perspektive stolperten wir über den nationalistischen Bolschewismus, der sich wie ein Leitfaden durch die Hierarchie der SA zog. Leute wie Gregor Strasser und Ernst Röhm, die später aus die “zweiten Revolutionäre” bekannt wurden, fielen uns auf. Die Tatsache, dass sie im Juni ‘34 gestürzt wurden, hat wohl den Verlauf der Geschichte und die Entwicklung der Humanitàt entscheidend verändert. Man kann sich fragen, ob Röhm im Falle eines Sieges über Hitler den 2. Weltkrieg verhindert hätte.
Zu der Aufnahme auf “Brown Book”: Dies war das einzige Mal, dass ich mich von dem Vorwurf, ein Faschist zu sein, angegriffen fühlte. Ich wollte eine Falle stellen für diejenigen, die diesen Vorwurf erhoben. So mischte ich zusätzlich zum “Horst Wessel”-Lied ein Gespräch aus einem Film bei, in dem ein SA-Mann einer alten Frau erzählt, dass die Führungsspitze der SS von Homosexuellen durchsetzt sei. Dass die SA ebenfalls viole Homosexuelle beheimatete, ist Iängst bekannt. Ich fand diese Gegensätze sehr interessant und habe sie kombiniert. Zudem glaube ich, dass dies eine vernach-lässigte und verschwiegene Seite der Geschichte ist.

Zillo: Resultiert dein Interesse an Runen-magie aus deinen Nachforschungen über das Dritte Reich?

DIJ: Beides hängt natürlich zusammen, da die Erforschung nordeuropäischen Erbgutes, spezifisch der Runen, im 20. Jahrhundert vor allem im Dritten Reich an Bedeutung gewann. Meine Interessen entwickelten sich jedoch unabhängig voneinander. Ich habe mich schon in jungen Jahren für beides interessiert, aber erst vor einigen Jahren mit der Magie ernsthafte Erfahrungen gemacht und festgestellt, dass mir Runen viel natürlicher und verwandter erscheinen, als andere magische Prozesse.

Zillo: Hast du “Leaves Of Yggdrasil” von Freya Aswynn gelesen?

DIJ: David Tibet und ich wohnten zufäIlig im gleichen Haus wie sie, als sie das Buch schrieb. Ich mag es sehr. Es ist auch mal ganz interessant, etwas über die Überlieferung der Runen und des mit ihnen verbundenen magischen Wissens zu erfahren. Mein Lieblingsbuch über Runen ist immer noch Edred Thorssons “Futhark”.

Zillo: Wie sieht es mit deiner Identität aus -wann bist du Douglas und wann der Kopf von Death In June?

DIJ: Da gibt es keine Trennung. Mein Leben ist meine Kunst, meine Kunst ist meine Arbeit und meine Arbeit ist mein Leben!

Zillo: Es ist jetzt drei Jahre her, seit deiner letzten Neuveröffentlichung “The Wall Of Sacrifice”, abgesehen von einigen Remixes und Neuauflagen. Hast du vielleicht zuviel Inspiration und Zeit in Projekte wie Boyd Rice und Current 93 gesteckt, so dass deine eigene Arbeit zurückstehen mate?

DIJ: Das ist nicht ganz richtig. Ich hatte in die drei Alben “The World That Summer”, “Brown Book” und “The Wall Of Sacrifice” meine gesamte Energie und Inspiration gesteckt. Ich befand mich zu der Zeit in einer Art Krise. Nicht nur musikalisch sonder vielmehr auf der menschlichen Seite hatten sich ail meine Lebenscrwartungen erfüllt. Mental, psychologisch und vielleicht sogar körperlich fühIte ich mich so, aus würde ich sterben. Die letzten drei Jahre habe ich also dazu gebraucht, um mich zu cerholen und meinem Leben wieder eine Bedeutung zu geben. Ich sprach damals viel mit David Tibet über meine Lage und dies inspirierte ihn wohl zu dem Titel “A Song For Douglas After He’s Dead”.
Ich wollte Neues erleben, bin nach Australien gefahren. Anschliessend spielte ich mit Boyd Rice die “Music, Martini’s And Misanthrophy” ein, welche ich zu 85 % für eine DIJ-Platte halte, mit dem Unterschied, dass Boyd alle Titel singt.
Das Geschäft verlangt mir auch mit der zunehmenden Grösse von Death In June viel Zeit ab. Genau vor einem Jahr z.B. hat unsere Vertriebsfirma uns betrügen wollen. Unsere Platten und CDs wurden damals aus einem Lagerhaus gestohlen und tauchten wenig später in den Plattengeschäften Lon-dons auf. Alle Bands (Sol Invictus, C 93, NWW, Coil, DIJ) hätten sehr viel Geld verloren, so dass wir vor Gericht ziehen mussten, um unser Material wiederzubekommen.
Diese irdische Seite meiner Arbeit stört mich auch am moisten, ist aber für den Fortbestand unserer Arbeit unumgänglich! Wenn man alles zusammen sieht, wird klar, warum es mit einer neuen DIJ-Platte so lange gedauert hat. Ich habe diesmal einfach mehr Zeit gebraucht, um die nötigen Ideen zusammenzubringen.

Zillo: Viele Leute behaupten, dass DIJ auf Grund seltener Photos, seltener Auftritte und manchmal schwer erhältlichen Materials dabei ist, mythologischen Status zu erreichen. Hast du im Laufe der Jahre darauf hingearbeitet?

DIJ: Nein. Ich habe nie absichtlich Material aus dem Verkehr gezogen, um Raritäten zu schaffen. Nur einmal habe ich eine limitierte Auflage produziert, nämlich die “Wall Of Sacrifice”. Ich halte dem harten Kern der DIJ-Freunde einen Gefallen tun wollen, doch schon bald war eine japanische Bootlegversion dieser Platte in den Geschätien erhältlich.
Death ln June sollte nie eine “kinky rock’n’roll”-Band sein, die sich ständig auf der Bühne darbietet. Wer dieses von uns erwartet, schaut auf die falsche Gruppe und sollte sich nach anderem umsehen.
Was die seltenen Photos und den mythologischen Status angeht : Wir wussten wie gesagt von vornherein, dass Death In June etwas besonderes sein würde. Symbole schienen uns angebrachter, um unsere Arbeit zu verkörpern. Wir hatten nicht vor, mit Photos der einzelnen Teilnehmer eine Persönlichkeit in den Vordergrund zu schieben. Die Musikpresse liefert uns genug Beispiele von total leeren, nichtssagenden Gesichtern. Unsere Arbeit sollte immer im Vordergrund stehen! Wenn wir einen solchen Status erreichen, ist das in Ordnung, aber wir sind sicherlich nicht in diesem Sinne vorgegangen.

Derek B. Richards

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